80% der Führungskräfte sind aktuell völlig fehl am Platz!
Krisen erfordern besonders starke Führungspersönlichkeiten. Nur starken Leadern vertraut und folgt die Mannschaft, sodass auch in schwierigen Zeiten effizient und erfolgreich gearbeitet werden kann. Und: Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist gute Führung essenziell, um Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Dennoch beschäftigen sich wenige Führungskräfte mit der Frage, was gute Führung eigentlich ausmacht.
Was ist das also, gute Personalführung? Eine gute Führungskraft zeichnet sich zum einen durch Fachkompetenz und zum anderen durch eine Vielzahl an soft skills aus. Im folgenden Blogbeitrag wird aufgezeigt, um welche es sich dabei handelt. Selten wird bei der Besetzung von Führungspositionen darauf geachtet, dass der Kandidat oder die Kandidatin beides erfüllt.
Warum gibt es so viele unfähige Führungskräfte?
Jeder Arbeitnehmer trifft im Laufe seines Berufslebens einmal auf einen überforderten Chef – denn es gibt sehr viele davon. Viele Führungskräfte würden Vorschläge von außen gerne annehmen, denn sie fühlen sich auf ihre Aufgaben schlecht vorbereitet. Dass Führung „oft nur am lebenden Objekt“ geübt wird, ist für Dr. Ulrich Goldschmidt vom Berufsverband Die Führungskräfte „eine Zumutung“ [1].
Wie kann es sein, dass so viele Personen ohne nötige Fach- und/oder Führungskompetenz in leitenden Positionen sitzen? Der Soziologe Dr. Laurence J. Peter hat hierzu eine interessante Theorie entwickelt. Das nach ihm benannte Peter-Prinzip [2] besagt, dass jedes Mitglied einer komplexen Hierarchie so lange nach oben befördert wird, bis es den Punkt seiner Unfähigkeit für die Position erreicht hat. Peter sagt also, dass irgendwann jede Position von einem Mitarbeiter ausgefüllt sein wird, der für die anfallenden Aufgaben ungeeignet ist.
Viele Arbeitnehmer streben Aufstiege in der Karriereleiter an – manchmal gar nicht so sehr, weil sie Lust auf die damit verbundenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten haben, sondern vielmehr, weil mit höheren Positionen mehr Geld und mehr Ansehen verbunden sind. Mit zunehmendem Alter gelingt dies vielen Arbeitnehmern, und zwar unabhängig davon, ob ihre Kompetenzen für die Position wirklich ausreichen. Dies gilt für Ämter genauso wie für die Politik und Wirtschaftsunternehmen.
Aktuelle Herausforderungen
Die Corona-Krise führt bei fast allen Mitarbeitern zu Unsicherheiten, ja: Ängsten. Starke Personalführung ist wichtiger denn je – aber auch schwieriger denn je. Das Büroleben hat sich stark verändert; Präsenzzeiten wurden, wo möglich, durch Homeoffice ersetzt. Für Führungskräfte stellt sich dies als neue Herausforderung dar: Kommunikation, Organisation und Zusammenarbeit aus der Distanz heraus zu gestalten. Um Sicherheit zu geben und Vertrauen aufzubauen, haben sie fast ausschließlich Wege der virtuellen Teamarbeit zur Verfügung. Die technischen Gegebenheiten zu schaffen, ist dabei das geringste Problem. Zusammenarbeit in der Corona-Krise verändert ganz grundsätzlich die Anforderungen an Kommunikation. Neue Strukturen müssen etabliert werden, und trotz der Distanz muss der Teamspirit erhalten bleiben. Die Krise ist für Führungskräfte und Mitarbeiter eine Belastung auf vielerlei Ebenen, deshalb spielt auch kräfteschonendes Arbeiten eine wichtige Rolle.
Faktoren erfolgreicher Leadership
Ganz unabhängig von den speziellen Herausforderungen in der Corona-Krise gibt es einige klar zu benennende Faktoren, die gute Personalführung ausmachen.
Fachkompetenz
Eine gute Führungskraft muss nicht jede Arbeit, die in ihrer Abteilung anfällt, selbst ausführen können. Wenn eine Führungspersönlichkeit aber zu wenig Kenntnisse mitbringt, kann es ihr schwerfallen, die Anforderungen an gute Prozesse zu verstehen. Mitarbeitern fällt es schwer, eine Führungsperson mit wenig Fachkompetenz anzuerkennen. Die ideale Führungskraft vereint solide Fachkompetenz mit dem Blick fürs „große Ganze“.
Prozesskompetenz
Die Fähigkeit, ergebnisoffene Prozesse professionell zu gestalten, ist eine Schlüsselkompetenz erfolgreicher Führungskräfte. Das Handeln in der Corona-Krise ist hierfür ein exzellentes Beispiel: Einer guten Führungskraft gelingt es, die Mitarbeiter auch unter veränderten Bedingungen motiviert zu halten und unter veränderten Bedingungen Strukturen für effizientes Arbeiten zu schaffen.
Kommunikation
Führungskräfte sind heute vor allem Manager von Geschäftsbeziehungen. Nach außen hin kommunizieren sie mit Kunden, Lieferanten, Investoren, Mandaten etc. Vor allem aber gestalten sie innerhalb der Unternehmen die Kommunikation in den eigenen Teams und zwischen den eigenen Mitarbeitern. Gelungene Kommunikation einer Führungskraft bedeutet mitnichten, viel zu reden. Ein guter Leader kann mindestens genauso gut zuhören und auf das Gesagte eingehen.
Flexibilität
Starre hierarchische Strukturen verschwinden mehr und mehr aus den Unternehmen. Flexible Führung verlangt nach der Kompetenz, in beweglichen Führungsstrukturen und in wechselnden Teamkonstellationen zu arbeiten. Flexibilität bedeutet auch, unter rasch wandelnden Marktbedingungen eigene Entscheidungen gegebenenfalls anzupassen statt an einmal getroffenen Planungen festzuhalten.
Empathie
Eigene Ansichten über Anweisungen durchzusetzen wird zunehmend schwierig. Ein patriarchalischer oder gar autoritärer Führungsstil mag in der Vergangenheit noch funktioniert haben – für höchste Effizienz und Produktivität hat er aber sicher noch nie gesorgt. Um Erfolg zu haben, müssen Führungskräfte Einfühlungsvermögen zeigen und ihre Handlungen daran ausrichten. Die Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass sie als Mensch wahrgenommen werden – nicht nur als Funktionsträger oder als kleines Rädchen eines großen Systems. Hier besteht ein großes Entwicklungspotenzial für Führungskräfte: Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter hat das Gefühl, dass ihr Vorgesetzter kein Gespür für ihre persönlichen Bedürfnisse hat [3].
Motivation
Eine gute Führungskraft kann Mitarbeiter auch in schwierigen Zeiten motivieren. Die Wirkung materieller Anreize wie Gehaltssteigerungen oder Gratifikationen nimmt grundsätzlich ab und wirkt allenfalls kurzfristig. Wichtiger werden das Gefühl der Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit, Anerkennung und Wertschätzung durch die Führungskraft sowie das Zugestehen von Entscheidungsfreiräumen und Eigenverantwortung [4].
Mitarbeiter ihren Kompetenzen gemäß einsetzen
Das Anforderungsprofil der Stelle und das Qualifikationsprofil des Mitarbeiters müssen übereinstimmen. Ob Über- oder Unterforderung: Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie sich bei ihrer Arbeit nicht entfalten können und die Tätigkeit nicht ihren Kompetenzen entspricht, droht die „innere Kündigung“. Sie äußert sich in Dienst nach Vorschrift, häufigen Fehlzeiten auf Grund verschiedener Symptome und endet letztlich im Burnout.
Wer Stellen richtig gut besetzen möchte, sollte als Führungskraft auch einen klaren Blick auf die tatsächlichen Leistungen seiner Mitarbeiter haben. Oft werden Mitarbeiter als besser eingeschätzt, die ihre Leistungen gut darstellen können. Nicht selten streichen egoistisch veranlagte Vertreter der viel bescholtenen Ellbogengesellschaft Lorbeeren ein, die andere (mit)verdient hätten. Der eher ruhige, zurückhaltende, bescheidene Kollege wäre für die nächste Beförderung aber vielleicht der bessere Kandidat, wenn er derjenige ist, der im Hintergrund konstant gute Leistungen erbringt. Vorgesetzte sollten sich daher nicht von der Selbstdarstellungskunst ihrer Mitarbeiter blenden lassen.
Coaching
Erfolgreiche Führungskräfte sind in ihrer Entwicklung zum guten Leader nie „fertig“. Regelmäßige Reflexion unter fachkundiger Anleitung und professionelle Entwicklungsbegleitung helfen dabei, neue Perspektiven aufzunehmen.
Klassische Führungsfehler
Nicht loslassen können
Gerade am Anfang tun sich viele Führungskräfte schwer, ihre bisherige Rolle abzulegen. Statt tatsächlich zu führen, agieren sie wie eine Art Obersachbearbeiter, der alle anfallenden Arbeiten am liebsten immer noch selbst erledigt. Dieser klassische Management-Fehler nennt sich „die Mikro-Management-Falle“ und wurde schon vielfach begangen. Wie weit verbreitet das Phänomen ist, zeigt die internationale Studie einer Unternehmensberatung, der Development Dimensions International: Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter empfinden ihre Vorgesetzten so, dass sie alle Probleme am liebsten selbst lösen, statt ihren Mitarbeitern dabei zu helfen, eigene Lösungen zu entwickeln [5]. Mikro-Management führt nicht nur schnell zu Überforderung bei den Führungskräften, sondern demotiviert auch die Mitarbeiter, die sich in ihrer Handlungsfähigkeit und ihren Entscheidungsfreiräumen beschnitten fühlen.
Ideen der Mitarbeiter keinen Raum geben
Gute Mitarbeiter sind oft kreativ. Dies bedeutet meist auch, dass sie eigene Vorstellungen davon entwickeln, wie Dinge gemacht werden sollten. Unterbindet man diese Ideen, weil es einigen Aufwand bedeutet, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, wird man die Mitarbeiter unweigerlich demotivieren. Auch wenn es Zeit und Energie kostet: Auf lange Sicht ist es deutlich Erfolg versprechender, die Ideen der Arbeitnehmer auf der einen Seite und die Unternehmenspolitik auf der anderen Seite jedes Mal neu auszutarieren. Nicht zuletzt steckt in Ideen aus dem Kreis der Mitarbeiter oft Potenzial, das gute Führungskräfte zu nutzen wissen.
Kritik unangemessen vorbringen
Fehler passieren überall. Sie sollen, ja: müssen thematisiert werden, wenn das Unternehmen als Ganzes sich weiterentwickeln soll. Ein klassischer Führungsfehler besteht darin, Mitarbeiter nach Fehlern unangemessen zu kritisieren. Unangemessen kann beispielsweise bedeuten, dem Mitarbeiter nicht die Chance zu geben, seine Sicht der Dinge darzustellen oder den Mitarbeiter vor Kollegen „niederzumachen“. Gute Führungskräfte etablieren und pflegen eine Fehlerkultur, in der Fehler als Startschuss für einen Lernprozess gesehen werden.
[1] https://www.wiwo.de/erfolg/management/entwicklung-von-fuehrungskraeften-solchen-menschen-darf-man-keine-mitarbeiter-anvertrauen/14608668.html
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Peter-Prinzip
[3] https://monami.hs-mittweida.de/frontdoor/deliver/index/docId/7263/file/Diplomarbeit+-+Josef+Harter.pdf
[4] https://www.business-wissen.de/artikel/anreizsysteme-was-motiviert-mitarbeiter-am-staerksten/
[5] https://beschaffung-aktuell.industrie.de/allgemein/schlechtes-verhalten-der-fuehrungskraefte/