Personalmanagement 2035 – verstaubter Unterstützungsprozess oder zukunftsorientierter Wertschöpfungsprozess?
Die wichtigste unternehmerische Ressource ist der Mensch – spätestens seit den 90er Jahren setzt sich diese Erkenntnis so nach und nach durch. Angesichts der zunehmenden Veränderungsdynamik in allen Bereichen wird das Personalmanagement jedoch nicht nur komplizierter, sondern für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens immer wichtiger.
Strategische Personalplanung wird zum Wertschöpfungsfaktor
Vom Produktionsfaktor zur wertschöpfenden Erfolgsfaktor – auch und gerade in unserer sich gravierend verändernden Arbeitswelt avancieren engagierte und bedarfsgerecht qualifizierte Mitarbeiter zur tragenden Säule eines Unternehmens. Sie sind es schließlich, die nicht nur den Geschäftsbetrieb gewährleisten, sondern den digitalen Wandel tragen und vorantreiben müssen. Angesichts der stetig zunehmenden Geschwindigkeit der technologischen Entwicklungen ist insbesondere das Personalmanagement gefragt – angefangen beim Recruiting geeigneter Fachkräfte bis hin zur Bindung erfahrener Mitarbeiter, die als Wissens- und Erfahrungsträger noch viel zu oft unterschätzt werden.
Die Personalarbeit wird also immer stärker von neuen Aufgaben geprägt, die weit über die gängigen administrativen Tätigkeiten wie Lohnbuchhaltung, Vertragsgestaltung und Austrittsabwicklungen hinausgehen. Das Personalwesen kann und darf nicht mehr als nachgelagerte unternehmerische Teilfunktion betrachtet werden, die auf bestimmte Situationen reagiert. Hier ist eine strategische Personalplanung gefragt, die wesentlicher Teil einer Unternehmensstrategie und von proaktivem unternehmerischem Handeln und Denken auf lange Sicht geprägt sein muss.
Die wichtigsten Gründe für diese Entwicklung
Diese Entwicklung, die ein grundlegendes Umdenken erfordert, ist unterschiedlichen Faktoren geschuldet:
Wissenszyklen werden kürzer
Informations- und Kommunikationswege werden kürzer, der notwendige Wissenstransfer immer schneller: Hat sich das Wissen von 1800 bis 1900 verdoppelt, dauerte es bis zur erneuten Verdopplung gerade einmal bis 1950. Die Zyklen schrumpften in der Folge auf zehn Jahre – aktuell braucht es ganze vier Jahre, bis sich das Wissen erneut verdoppelt hat.
Die Wissensträger werden also immer wichtiger: und das sind die Mitarbeiter. Unternehmen sind gut beraten, wenn sie die wissensbasierten Ressourcen ihres Personals als organisatorisches Erfolgspotenzial erkennen und gezielt erschließen. Das setzt wiederum voraus, dass das Personalwesen eine adäquate Versorgung mit Informationen sicherstellt.
Dynamik und Komplexität steigen
Die Globalisierung bei gleichzeitiger Spezialisierung schafft neue komplexe und vor allem dynamische Verflechtungen und Konstellationen. Unternehmen agieren also nicht mehr in übersichtlichen Märkten, sondern bewegen sich einem wachsenden Spannungsfeld von Interessen und Anforderungen.
Vernetztes Denken und Handeln sind gefragt: Eine Fülle an Informationen muss schnellstmöglich erfasst und verarbeitet werden, um daraus die wichtigen Schlussfolgerungen zu generieren. Dabei reicht es eben nicht mehr aus, die Informationen in lineare und sequenzielle Prozesse einzuordnen und zu verstehen.
Zusätzlich zur steigenden Komplexität stellt der Faktor Zeit eine Herausforderung dar: Mit den neuen Informationstechnologien wächst auch der Zeitdruck, Bearbeitungsfenster werden immer kleiner. Im Gegensatz zu früheren Jahren wird heute in Echtzeit rund um den Globus kommuniziert. Dadurch sind die Beteiligten zu direkten Reaktionen und schnellen Entscheidungen gezwungen.
Technologischer Fortschritt wird schneller
Die verfügbaren Kommunikations- und Informationstechnologien modernisieren sich in einer steigenden Geschwindigkeit und eröffnen vollkommen neue Potenziale – bis hin zur Vernetzung und Automatisierung von ganzen Produktionsprozessen. Die daraus resultierenden Veränderungen für die menschliche Arbeit sind gravierend und erfordern nicht nur neue Arbeitstechniken, sondern vor allem einen neuen Mitarbeitertypus: Dreh- und Angelpunkt ist die Bereitschaft, sich permanent weiterzubilden und mit den Technologien zu entwickeln.
Internationalisierung verstärkt sich
Nicht zuletzt die Technologisierung erleichtert das Zusammenrücken der Weltmärkte. Daraus resultieren aber nicht nur neue Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmen, sondern naturgemäß auch ein steigender Wettbewerb – und das auch über die nationalen Grenzen hinaus. Längst müssen sich einheimische Produkte mit Waren aus aller Welt messen, was einen besonderen Druck auf das Preis-Leistungsverhältnis bedeutet.
Dieser Wettbewerb verschärft sich angesichts der zunehmenden Vernetzung der Unternehmen und ganzer Märkte, der Liberalisierung der Finanzmärkte und der wachsenden Handelsvolumina – und macht letztendlich auch vor den Fachkräften nicht Halt. Schon heute profitieren diese von einem sich entwickelnden Arbeitnehmermarkt, da die Nachfrage deutlich höher ist als das Angebot.
Werte wandeln sich
Diese gravierenden Veränderungen wirken sich zwangsläufig auch auf die Gesellschaft selbst aus, wie sich eindrücklich an den verfolgten Erziehungszielen ablesen lässt: Waren vor 50 Jahren die Werte Selbstständigkeit, Unterordnung sowie freier Wille und Gehorsam laut einer Studie mit jeweils 28 Prozent gleich gewichtet, hat sich das Bild deutlich verändert. Um die Jahrtausendwende konnten sich nur noch neun Prozent der relevanten Teilnehmer mit den Werten Gehorsam und Unterordnung anfreunden, während auf Selbstständigkeit und freien Willen mehr als 65 Prozent Zustimmung entfielen (Haufe, 2008).
Künftig dürften sich jedoch weitere Trends verstärken:
- Arbeit wird immer weniger als Pflicht verstanden
- Freizeit wird hingegen immer wichtiger
- eigene Selbstverwirklichung rückt in den Fokus
- Gleichberechtigung und Gleichheit werden betont
- eigene Gesundheit erhält größere Bedeutung
- Natur- und Umweltschutz erhalten neuen Stellenwert
Daraus leiten sich für Unternehmen Konsequenzen auf zwei Ebenen ab: Einerseits sollten sie dem Wertewandel der Mitarbeiter, insbesondere deren Suche nach Sinn und Selbsterfüllung in ihrer Arbeit, Rechnung tragen. Andererseits verändern sich aber auch die Ansprüche potenzieller Kunden an Produkte und Dienstleistungen. Und nicht zu vergessen: Die begehrten Fachkräfte von morgen werden diesen veränderten Wertekanon bei ihrer Entscheidung für ein Unternehmen ebenfalls anlegen.
Demografie verändert sich weiter
Die Fakten sind hinlänglich bekannt, schon 2006 hat das Statistische Bundesamt Hochrechnungen zur künftigen Bevölkerungsentwicklung veröffentlicht und auf die weiter aufklaffende Schere zwischen Alt und Jung verwiesen (Destatis, 2006). Im Zuge der Zuwanderung konnte zwar eine Verbesserung verzeichnet werden, allerdings stellt sich hier die Frage nach der Qualifikationsstruktur.
In der Studie Perspektive 2035, die das Institut der deutschen Wirtschaft Köln im Jahr 2017 herausgegeben hat, wird prognostiziert, dass die Zahl der Erwerbsfähigen bis 2035 um fünf Prozent und damit 2,7 Millionen zurückgehen wird. Auch bei steigender Erwerbsbeteiligung sinkt demnach die Zahl der Erwerbspersonen in einem gravierenden Maße (IW, 2017).
Schon vor diesem Hintergrund werden die neuen Herausforderungen für das Personalwesen klar: Einerseits muss das Recruiting angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels die geeigneten Argumente für potenzielle Bewerber finden. Dazu zählt nicht nur das Einkommen, sondern vor allem das Arbeitsumfeld und neue Arbeitszeitmodelle, die den wachsenden Ansprüchen Rechnung tragen.
Aber auch das Thema Alterung der Belegschaft darf nicht aus dem Fokus verloren werden: Unternehmen können es sich immer weniger leisten, auf das Erfahrungswissen der älteren Mitarbeiter zu verzichten. Gleichzeitig erfordern die technologischen Entwicklungen gezielte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Auf der anderen Seite müssen Arbeitsplätze ebenso altersgerecht gestaltet werden wie die Arbeitsmodelle.
Diversität erfordert gezieltes Management
Mit Verschiedenheit organisatorisch umgehen zu müssen, ist in erster Linie dem Wertewandel geschuldet – und trifft vor allem das Personalmanagement. Dabei geht es nicht nur um kulturelle Schnittstellenarbeit, sondern vor allem auch darum, den individuellen Motivationen der Mitarbeiter in puncto Leistung Rechnung zu tragen.
Enormer Handlungsbedarf: Personalwesen als Schlüssel zum Erfolg
Fakt ist, qualifizierte und vor allem motivierte Mitarbeiter werden künftig über den Erfolg eines Unternehmens entscheiden. Angesichts der aufgezeigten Entwicklung und den daraus resultierenden Herausforderungen für das Personalwesen muss die Personalarbeit – vom Recruiting bis hin zur Mitarbeiterentwicklung und vor allen -bindung – als wesentlicher Teil der Unternehmensstrategie verstanden werden.
Wie die Studie People-Management 2025 – Zwischen Kultur- und Technologieumbrüchen (PWC, 2019) konstatiert, stehen Personalverantwortlich vor der Aufgabe, riesige Lücken in kürzester Zeit zu schließen: Die Personalplanung wird in der Bedeutung künftig abgelöst von Technologie- und Datenmanagement, Talent- und Kompetenzmanagement und der Mitarbeiterqualifizierung.
Stellen Sie sich und Ihr Unternehmen konsequent für diesen Wandel auf – mit unserer Expertise können wir Sie auf diesem Weg kompetent begleiten. Nehmen Sie einfach mit uns Kontakt auf.